Aus „Ha un senso la vita?“ (“Hat das Leben einen Sinn?”)
I folosofi pappagalli („Die Papageien-Philosophosen“)
Die eigentlichen Philosophen sind nicht notwendiger Weise diejenigen, die ihren Universitätsabschluss in Philosophie gemacht haben. Oft ist es so, dass einer, selbst wenn er gut ist, nur ein guter Interpret der Philosophie wird. Doch meistens ist er noch nicht einmal das. In diesem Fall reduziert er sich auf einen Papagei, einer der wie ein Papagei die Werke der anderen wiederholt. Petrarca hat solchen jegliche Anerkennung verweigert und Leonardo da Vinci nannte sie „Nachbeter und Trompeter der Werke anderer.“
Als ich Literatur an der Universität studierte, Rossi, hatte ich als Lehrerin eine Professorin, die, so sehr sie sich auch bemühte, die Ärmste, nicht über die Gedanken von Cesare Pavese hinauskam. Sie blieb dort, immer nur dort, unter dem gedanklichen „Schirm“ des piemontesischen Schriftstellers. Was auch immer sie sagte war mit seinen Gedanken bekleckst. Der Gedanke Paveses verfolgte sie, absorbierte sie, beherrschte sie.
Die Papageien-Philosophen erinnern mich sehr an diese piemontesische Professorin. Diese Armen im Geiste, sie können die Gedanken des Philosophen- Philosophen weder verstehen noch über sie hinausgehen. Das, was man in sie investiert hatte, um sie studieren zu lassen, zahlen sie negativer Weise heim. Die Papageien-Philosophen passen sich an, sie bleiben der Form verhaftet, sie werden fortschreitend zu studierten Eseln und übertragen dann ihre ‚Eseleien’ auf ihre Schüler, auf unsere Kinder! Aber, aber, aber … die Göttliche Gleichgültigkeit und der Räuberische Staat beten sie an!
Io mi identifico … („Ich identifiziere mich …“)
Ich identifiziere mich, wenn ich es wirklich soll, mit dem Reisenden. Ich identifiziere mich mit den Wolken, die am Himmel wandern, mit den Jahreszeiten, die kommen und gehen, mit den Vögeln, die in der Luft fliegen ohne eine Spur zu hinterlassen, mit den wild wachsenden Blumen, die sich auf den Feldern öffnen, und wie sie fürchte ich die todbringende Hand des Vorübergehenden oder das hungrige Maul eines Tieres. Ich identifiziere mich mit dem, der mit demselben Auge die unendliche Schönheit des Lebens sieht und seinen unaufhaltsamen Verfall; mit dem, der trotz all des ihn umgebenden Lärms alleine sein kann; mit dem, der in einer Welt ohne Sinn leben kann und trotzdem versucht jedem Ding und allem was er sagt einen Sinn zu geben.
Ich identifiziere mich, wenn ich mich wirklich mit jemandem identifizieren soll, mit denen die unter der Ungerechtigkeit und der Grausamkeit dieser Welt leiden; mit denen die bis zum letzten Blutstropfen darum kämpfen sie zu vernichten; mit denen, die versuchen aus jedem Augenblick eine Ewigkeit zu machen; mit denen, die nicht ihren Nächsten ans Leder gehen, sondern zusammen mit ihnen in Frieden und Brüderlichkeit leben.
Ich identifiziere mich, wenn ich es wirklich soll, mit dem, der sich inmitten eines tosenden Meeres auf einem Boot befindet, das ein Leck hat und an allen Ecken und Kanten ächzt und stöhnt: und er rudert in diesen entfesselten Furien, ohne die Richtung zu kennen, er rudert und rudert trotzdem. Wer weiß, vielleicht mit einem Ruder, das vom Schiffbruch eines anderen Bootes übrig geblieben ist, aber er rudert.
Ich identifiziere mich mit dem, der fähig ist während seines Daseins ein ständiges Fragezeichen zu sein, ein glühender Docht mitten im Sturm.
Und, als Letztes, identifiziere ich mich mit all denen die wissen, dass sie im Auge eines wahnsinnigen Zyklons ohne Sinn geboren wurden und trotzdem denken, dass das Leben doch und immer wieder eine wunderbare Erfahrung ist. Nicht nur vorbehalten für die paar lächerlichen Egoisten und Blutrünstigen, sondern für die ganze Menschheit, die, während sie sich im Auge des Zyklonen winden mit einem alten indischen Spruch herausschreien: „Das bist du!“